Für Kindertageseinrichtungen bzw. die pädagogischen Fachkräfte stellt sich häufig die Frage, ob sie den ihnen anvertrauten Kindern Medikamente verabreichen können, dürfen oder sogar müssen.
Bei bestimmten Krankheiten (wie z. B. Diabetes, Epilepsie, Allergien oder anderen chronischen Erkrankungen) sind Kinder auf die Verabreichung bestimmter Medikamente angewiesen.
Würde diesen Kindern die Medikamentengabe verweigert, könnte dies einen dauerhaften Ausschluss vom Besuch der Einrichtung bedeuten und dem Förderauftrag der Einrichtung nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Inklusion widersprechen. Aus diesem Grund sollten sich Träger und pädagogisches Personal über das Thema Medikamentengabe abstimmen.
Grundsätzlich ist es zulässig, dass Personensorgeberechtigte Dritte mit der Medikamentengabe betrauen. Hierzu gehören u. a. die Gabe von Tabletten, Zäpfchen, Sprays und Tropfen. Bei der Übertragung dieser Aufgabe handelt es sich um eine zusätzliche Vereinbarung zwischen der Kindertageseinrichtung und den Sorgeberechtigten.
Jede Medikamentengabe erfordert das Einvernehmen mit den jeweiligen pädagogischen Fachkräften sowie das Einverständnis der Personensorgeberechtigten, denn ohne Einwilligung darf kein Medikament verabreicht werden. Es wird dringend empfohlen, diese Vereinbarung schriftlich festzuhalten, um Missverständnissen vorzubeugen und für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen. Hierbei sollte auch festgelegt werden, dass ein anlassbezogener Austausch zwischen Personensorgeberechtigten und der Kindertageseinrichtung stattfindet, um z. B. Änderungen in Art, Dosierung, Darreichungsform oder Verträglichkeit des Medikaments umgehend berücksichtigen zu können. Die telefonische Erreichbarkeit der Personensorgeberechtigten sollte sichergestellt sein.
Pixel-Shot - stock.adobe.comFormblatt zur schriftlichen Vereinbarung - Medikamentengabe
Entsprechende Vereinbarungen zur Medikamentengabe sollten auf unverzichtbare Ausnahmen beschränkt bleiben. Eine eindeutige, schriftliche Anweisung des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin muss vorliegen, in der die Dosis, die Verabreichungsform, der Zeitpunkt und die Dauer der Verabreichung genau angegeben sind. Entsprechende Risiken, Komplikationen und Hilfsmaßnahmen müssen bekannt sein. Die Kontaktdaten des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin sind für Rückfragen wichtig und sollten vorliegen.
Mitarbeitende der Kindertageseinrichtung, die Medikamente verabreichen sollen, müssen anhand der ärztlichen Verordnung unterwiesen werden. Bei Dauer- oder Notfallmedikationen sind regelmäßig wiederholte Unterweisungen notwendig (je nach Risiken häufiger oder seltener). Fragen der Beschäftigten müssen verständlich beantwortet werden, um Unsicherheiten und Ängste abzubauen. Wichtig ist es auch, interne Vertretungsregelungen zu treffen.
Durch welche Person mit welcher Qualifikation unterwiesen wird, liegt zunächst im Ermessen des Trägers der Kindertageseinrichtung. Dies ist in der Regel von der Erkrankung und von der Art und dem Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen abhängig.
Beispielweise ist bei einer Insulininjektion mittels Pen oder Insulinpumpe (Knopfdruck) im Vorfeld eine Einweisung durch medizinisches Fachpersonal erforderlich (weitere Informationen siehe Arbeitshilfe - Gesundheitliche Versorgung in der Kindertagesbetreuung (LVR / LWL).
Sollten keine angemessen unterwiesenen Personen zur Verfügung stehen, kann das Kind nicht betreut werden.
Bei kurzzeitigen Erkrankungen ist von einer Medikamentengabe in Kindertageseinrichtungen in der Regel abzusehen. Kinder, die z. B. an einem Infekt leiden, gehören nicht in die Tageseinrichtung. Es gibt nur wenige Arzneimittel, die über den ganzen Tag verteilt eingenommen werden müssen. Medikamente sollten nach Möglichkeit zu Hause vor und nach dem Besuch der Einrichtung verabreicht werden. Wenn eine Medikamentengabe in der Einrichtung unumgänglich ist, ist diese präzise zu dokumentieren. So sollten der Name des Kindes, die Bezeichnung des Medikamentes, die Dosierung, das Datum, die Uhrzeit und der Name der verantwortlichen Fachkraft sorgfältig dokumentiert werden.
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss auch die Eigensicherung der pädagogischen Fachkräfte betrachtet werden. Hierbei sind konkrete Handhabung, Hygiene und persönliche Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.
Übergreifend müssen auch die Grenzen der medizinischen Versorgung in der Kindertageseinrichtung beachtet werden. Wo beträchtliche medizinische Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, kann eine pädagogische Fachkraft keine medizinische Versorgung durchführen. In solchen Fällen muss die Aufgabe an medizinisches Fachpersonal übertragen werden. Dies ist insbesondere bei einer Infusion, Sonden- oder Katheterlegung der Fall.
Aufbewahrung und Entnahme von Medikamenten
Unfallkasse NRWDie sichere für Kinder und Unbefugte unzugängliche und vorschriftsmäßige Aufbewahrung der Medikamente obliegt der Einrichtung. Medikamente müssen getrennt vom Erste-Hilfe-Material gelagert werden. Werden Medikamente in einem Kühlschrank gekühlt, muss sichergestellt sein, dass Unbefugte - und somit auch Kinder - keinen Zugang haben. Dies lässt sich z. B. durch einen abschließbaren Kühlschrank sicherstellen. Zusätzlich muss jedes Medikament mit dem Vor- und Nachnamen des Kindes versehen sein, um Verwechslungen auszuschließen. Eine Entnahme und Verabreichung von Medikamenten ist zu dokumentieren.
Versicherungsschutz
Wurde die Medikamentengabe als Teil der Personensorge von den Sorgeberechtigten übertragen und kommt ein Kind durch eine Fehlmedikation zu Schaden, ist es grundsätzlich gesetzlich unfallversichert. Ist hingegen die vereinbarte Medikamentengabe unterlassen worden, liegt kein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor. In diesem Fall werden Versicherungsleistungen von der Krankenkasse geleistet.
Steht die Gabe eines Medikaments im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis, so ist sie als versicherte Tätigkeit zu werten. Ein dabei erlittener Unfall, z. B. die Verletzung an einem Pen bei einer Insulingabe, stellt für die pädagogische Fachkraft einen Arbeitsunfall dar.
Tritt ein Notfall ein, zum Beispiel, wenn es infolge versäumter Insulingabe zu einer Überzuckerung kommt, sind alle Personen verpflichtet, Hilfe zu leisten. Auch diese Hilfeleistung steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.